Amtsvormundschaften, Amtspflegschaften
Amtsvormundschaft
Die Vormundschaft ist dem Elternrecht angeglichen und deckt die darin enthaltenen Bereiche, also Personen- und Vermögenssorge, ab. Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Sorge steht. Wird die Vormundschaft von einem Jugendamt ausgeübt, spricht man von Amtsvormundschaft. Der Amtsvormund ist ausschließlich dem Wohl des von ihm Vertretenen – dem Mündel – verpflichtet. Er vertritt sein Mündel in allen rechtlichen Angelegenheiten und hat sich bei seinen Entscheidungen allein von dessen Belangen auch des täglichen Lebens leiten zu lassen sowie ihn persönlich zu fördern. Im Rahmen eines Beziehungsaufbaus hat der Amtsvormund persönlichen Kontakt zum Mündel zu pflegen und soll in der Regel einmal im Monat mit ihm in seiner üblichen Umgebung zusammentreffen. Dazu ist es zwingend erforderlich, die Biografie, die Lebenssituation, die Interessen und Bedürfnisse des Kindes oder Jugendlichen zu kennen. Der Vormund hat dem Familiengericht mindestens einmal jährlich über die persönlichen Verhältnisse des Mündels sowie über seine persönlichen Kontakte zu ihm zu berichten.
Man unterscheidet zwischen gesetzlichen und bestellten Amtsvormundschaften.
Eine gesetzliche Amtsvormundschaft tritt immer ohne richterliche Anordnung ein, wenn ein im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) aufgezählter Tatbestand vorliegt. Das ist beispielsweise für ein Kind einer nicht verheirateten minderjährigen Mutter der Fall, sofern das Familiengericht auf Antrag nicht bereits vor der Geburt einen Vormund (z. B. Großelternteil) bestellt hat oder der volljährige Vater die elterliche Sorge nach Anerkennung der Vaterschaft und Beurkundung einer gemeinsamen Sorgeerklärung bis zur Volljährigkeit der Mutter alleine ausübt. Auch dann, wenn die Eltern eines Kindes in dessen Adoption eingewilligt haben tritt im Zeitraum zwischen der Einwilligung der Eltern und dem Adoptionsbeschluss des Familiengerichts eine gesetzliche Amtsvormundschaft ein.
Im Gegensatz dazu muss die bestellte Amtsvormundschaft vom Familiengericht angeordnet werden. Sie tritt insbesondere in folgenden Fällen ein:
• Tod beider sorgeberechtigten Eltern (§§ 1680, 1681 BGB)
• Tod des allein sorgeberechtigten Elternteils, wenn das Gericht dem anderen Elternteil die elterliche Sorge nicht überträgt (§ 1680 BGB)
• Vollständiger Entzug der elterlichen Sorge §§ 1666, 1666a BGB)
• Anonyme Geburt, Abgabe eines Kindes in einer Babyklappe, Findelkind (§ 1773 BGB)
• Ruhen der elterlichen Sorge bei tatsächlichem Hindernis (Einreise eines minderjährigen unbegleiteten Ausländers, längere Strafhaft, § 1674 BGB)
Bevor das Familiengericht das Jugendamt zum Amtsvormund bestellt hat es stets zu prüfen, ob nicht ein geeigneter Einzelvormund oder Verein zur Verfügung steht. Dabei hat es bei der Auswahl und Bestellung immer auf das Wohl des minderjährigen Kindes oder Jugendlichen zu achten. Hat der Mündel das 14. Lebensjahr bereits vollendet, ist er im gerichtlichen Verfahren vor der Bestellung des Vormunds in jedem Falle anzuhören.
Amtspflegschaft
Werden nur einzelne Teile aus der gesamten elterlichen Sorge dem Jugendamt zur Ausübung übertragen, sogenannte Wirkungskreise, dann handelt es sich um eine Amtspflegschaft.
Sie ist bei den Fällen anzuordnen, in denen ein Fürsorgebedürfnis nicht allgemein, sondern nur für bestimmte personen- und sachbezogene Angelegenheiten besteht. Auch ist sie weniger einschneidend wie eine Amtsvormundschaft, da sie den Eltern/dem Elternteil noch Teilbereiche der elterlichen Sorge belässt. Der Pfleger übt die gesetzliche Vertretung des Kindes oder Jugendlichen somit immer nur für einen klar umrissenen Wirkungskreis aus. Wie der Vormund ist auch der Pfleger ausschließlich dem Wohl des Mündels verpflichtet.
Dazu ist es ebenso zwingend erforderlich, die Lebenssituation, die Interessen und Bedürfnisse des Kindes oder Jugendlichen zu kennen.
Wesentliche Teilbereiche der elterlichen Sorge sind zum Beispiel:
• Vermögenssorge
• Aufenthaltsbestimmungsrecht
• Sicherstellung der Gesundheitsfürsorge
• Sicherstellung von Schul- und Berufsausbildung
• Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen
• Regelung des Umgangs
• Recht zur Beantragung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch
• Sicherstellung des Lebensunterhalts
• Sicherstellung von Pflege und Erziehung
Daneben kann sich der Wirkungskreis aber auch auf die Abgabe einer einzigen Willenserklärung beziehen wie z. B. Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung.
Im Übrigen finden auf die Amtspflegschaft grundsätzlich die Vorschriften über die Amtsvormundschaft entsprechende Anwendung.