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23.01.2019

100 Jahre Frauenwahlrecht - schon viel erreicht, aber noch nicht am Ziel

100 Jahre Frauenwahlrecht – dieses bedeutende Jubiläum gab den Anlass für die Veranstaltung der Gleichstellungsstelle des Landkreises Merzig-Wadern am vergangenen Dienstag. Tatsächlich durften Frauen in Deutschland erst am 19. Januar 1919 zum ersten Mal wählen und somit an demokratischen, politischen Entscheidungen teilhaben. Mut und Kampf von starken Frauen waren nötig gewesen, um dieses Recht zu erlangen. Man denke hier nur an den Gehorsamsparagraph und weitere Gesetze, die Frauen bis 1919 die politische Teilhabe ausdrücklich verboten haben. Sogar die Teilnahme an Sitzungen mit politischen Themen war untersagt.

Entscheidender Schritt für Frauen
„Das Wahlrecht war deshalb vor 100 Jahren eine riesige Errungenschaft durch das Kämpfen starker Frauen. Heute sind das Frauenwahlrecht und die Teilhabe am politischen Leben von Frauen glücklicherweise selbstverständlich. Dennoch sind die politischen Führungspositionen bei weitem noch nicht paritätisch besetzt, Frauen sind noch immer in der Minderheit“, betonte Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich. Als Gründe sieht sie in erster Linie die Arbeitsbedingungen in politischen Ämtern, die oft noch immer unvereinbar sind mit Familie. Jedoch wollten Frauen in den allermeisten Fällen für den Job die Rolle als Mutter nicht aufgeben. Beides sei schwer unter einen Hut zu bringen. „Ich wünsche mir die gleichberechtigte Aufteilung alle Aufgaben im Leben, egal ob für Männer oder für Frauen“, erklärte die Landrätin.

Rückblick in die Geschichte
Prof. Dr. Christel Baltes-Löhr, Leiterin der „Gender Expert Group“ der Universität Luxemburg, warf in ihrem Impulsvortrag einen Blick zurück in die Vergangenheit, auch in die Geschichte des Saarlandes. Dabei war faszinierend zu sehen, wie das neu errungene Wahlrecht auch das Bild der Frau generell nach und nach veränderte. So nahm die Frauenerwerbstätigkeit zu und auch Kleidung und Verhalten der „neuen Frauen“ zeigten den Wandel. Sie fuhren Auto, sie rauchten in der Öffentlichkeit und wurden generell selbstbewusster und emanzipierter. Das Verständnis, wie und was eine Frau sein und verkörpern sollte, änderte sich. Es folgten viele „erste Male“, so sprach am 19. Februar 1919 mit Marie Juchacz erstmals eine Frau vor einem politischen Parlament in Deutschland. Ab 1920 waren dann auch Frauen im saarländischen Parlament vertreten, in den 1990er Jahren wurde mit Margit Conrad zum ersten Mal eine Frau ins Amt eines Oberbürgermeisters im Saarland gewählt.

Informationen aus erster Hand
Vier Frauen, die sich in ihren politischen Ämtern bereits sehr gut etabliert haben, setzten sich in einer abschließenden Fragerunde mit der Situation der Frauen heute auseinander: die beiden Ministerinnen Anke Rehlinger und Monika Bachmann, Martina Holzner, MDL und Vorsitzende der SPD-Kreisfraktion, sowie Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich. Auch sie erlebten einige „erste Male“ in ihrer bisherigen Karriere, obwohl sie bereits in modernen Zeiten in die Politik eingestiegen sind.

(von links) Daniela Schlegel-Friedrich, Monika Bachmann, Prof. Dr. Christel Baltes-Löhr, Anke Rehlinger und Martina Holzner diskutierten über die Situation von Frauen in der Politik. © LandkreisMerzig-Wadern
(von links) Daniela Schlegel-Friedrich, Monika Bachmann, Prof. Dr. Christel Baltes-Löhr, Anke Rehlinger und Martina Holzner diskutierten über die Situation von Frauen in der Politik. © LandkreisMerzig-Wadern

So war Anke Rehlinger einst mit 28 Jahren die jüngste Abgeordnete im saarländischen Landtag, Daniela Schlegel-Friedrich die jüngste Staatssekretärin und Monika Bachmann gleich mehrfach die erste Frau in verschiedenen Ämtern und Ausschüssen bundesweit. Was alle vier Frauen erlebt haben beziehungsweise erleben, ist die hohe Akzeptanz seitens der männlichen Kollegen.

Einigkeit bestand bei allen auch darin, dass es generell schwer sei, Familie mit dem Beruf zu vereinbaren. Die Bedingungen sind nicht gerade einfach im politischen Geschehen, viele Termine liegen am Abend oder auch am Wochenende. Deshalb erleben Frauen, natürlich in allen Bereichen des Berufslebens, eine ständige Zerrissenheit zwischen den Erfordernissen im Beruf und dem, was man als Mutter miterleben und gestalten will in Bezug auf die eigenen Kinder und die Familie.

Verbesserungspotential sei durchaus da, sind sich die vier Politikerinnen sicher. So sei es machbar gewisse Strukturen zu verändern oder umzugestalten und damit familienfreundlicher zu machen. Es sind Veränderungen der Rahmenbedingungen notwendig, damit in Zukunft mehr Frauen den Mut haben, den Schritt in ein politisches Amt zu gehen.

Daher sei es ein wichtiger Schritt die Festlegung auf bestimmte Rollen aufzuweichen, die Rollenbilder zu verschieben. Mit der Frauenquote sei das Problem nicht wirklich gelöst. Es sollte lieber jeder in ein Amt gewählt werden, der gut ist, egal ob Mann oder Frau. Es müssten jedoch mehr Frauen den Mut haben, den Schritt in die Politik zu gehen.
Und vielleicht müsste man dann irgendwann mal sagen: Wir brauchen mal noch einen Mann auf der Wahlliste. So wünschen sich das zumindest die vier Politikerinnen.

Das Thema 100 Jahre Frauenwahlrecht zog viele Besucher ins Landratsamt Merzig. © LandkreisMerzig-Wadern
Das Thema 100 Jahre Frauenwahlrecht zog viele Besucher ins Landratsamt Merzig. © LandkreisMerzig-Wadern

Lebendige Vertreterinnen aus der Geschichte der politischen Frauen
Sechs Frauen aus der Politik – sechs Karrieren. Mit pinker Rose am Revers präsentierten sechs Frauen die politischen Vertreterinnen. Angefangen bei Hedwig Dohm (dargestellt von Änni Wagner), Clara Zetkin (Ulrike Wurzer), Marie Juchacz (Rebecca Thiel) bis hin zu Elisabeth Schwarzhaupt (Karin Grün), Rita Süssmuth (Kerstin Setter) und Heide Simonis (Rita Speicher).

Musikalisch passend begleitet wurde die Veranstaltung von Andreas Sittmann mit Isabelle Krohn und Tanja Silcher mit Titeln, wie „Neue Männer braucht das Land“ oder das „Weberlied“.

Organisiert wurde die Veranstaltung von Bernadette Schroeteler, die auch durch den Abend führte, und Christa Laug von der Gleichstellungsstelle des Landkreises Merzig-Wadern.

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